Was ist „Versionsverwaltung“, und warum sollten Sie sich dafür interessieren? Versionsverwaltung ist ein System, welches die Änderungen an einer oder einer Reihe von Dateien über die Zeit hinweg protokolliert, sodass man später auf eine bestimmte Version zurückgreifen kann. Die Dateien, die in den Beispielen in diesem Buch unter Versionsverwaltung gestellt werden, enthalten Quelltext von Software, tatsächlich kann in der Praxis nahezu jede Art von Datei per Versionsverwaltung nachverfolgt werden.
Als Grafik- oder Webdesigner möchte man zum Beispiel in der Lage sein, jede Version eines Bildes oder Layouts nachverfolgen zu können. Als solcher wäre es deshalb ratsam, ein Versionsverwaltungssystem (engl. Version Control System, VCS) einzusetzen. Ein solches System erlaubt es, einzelne Dateien oder auch ein ganzes Projekt in einen früheren Zustand zurückzuversetzen, nachzuvollziehen, wer zuletzt welche Änderungen vorgenommen hat, die möglicherweise Probleme verursachen, herauszufinden wer eine Änderung ursprünglich vorgenommen hat und viele weitere Dinge. Ein Versionsverwaltungssystem bietet allgemein die Möglichkeit, jederzeit zu einem vorherigen, funktionierenden Zustand zurückzukehren, auch wenn man einmal Mist gebaut oder aus irgendeinem Grund Dateien verloren hat. All diese Vorteile erhält man für einen nur sehr geringen, zusätzlichen Aufwand.
Viele Menschen betreiben Versionsverwaltung, indem sie einfach all ihre Dateien in ein separates Verzeichnis kopieren (die Schlaueren darunter verwenden ein Verzeichnis mit Zeitstempel im Namen). Diese Vorgehensweise ist sehr weit verbreitet und wird gern verwendet, weil sie so einfach ist. Aber sie ist eben auch unglaublich fehleranfällig. Man arbeitet sehr leicht im falschen Verzeichnis, bearbeitet damit die falschen Dateien oder überschreibt Dateien, die man eigentlich nicht überschreiben wollte.
Aus diesem Grund, haben Programmierer bereits vor langer Zeit, lokale Versionsverwaltungssysteme entwickelt, die alle Änderungen an allen relevanten Dateien in einer Datenbank verwalten.
Eines der populäreren Versionsverwaltungssysteme war RCS, welches auch heute noch mit vielen Computern ausgeliefert wird. RCS arbeitet nach dem Prinzip, dass für jede Änderung ein Patch (ein Patch umfasst alle Änderungen an einer oder mehreren Dateien) in einem speziellen Format auf der Festplatte gespeichert wird. Um eine bestimmte Version einer Datei wiederherzustellen, wendet es alle Patches bis zur gewünschten Version an und rekonstruiert damit die Datei in der gewünschten Version.
Ein weiteres großes Problem, mit dem sich viele Leute dann konfrontiert sahen, bestand in der Zusammenarbeit mit anderen Entwicklern auf anderen Systemen. Um dieses Problem zu lösen, wurden zentralisierte Versionsverwaltungssysteme entwickelt (engl. Centralized Version Control System, CVCS). Diese Systeme, wozu beispielsweise CVS, Subversion und Perforce gehören, basieren auf einem zentralen Server, der alle versionierten Dateien verwaltet. Die Clients können die Dateien von diesem zentralen Ort abholen und auf ihren PC übertragen. Den Vorgang des Abholens nennt man Auschecken (engl. to check out). Diese Art von System war über viele Jahre hinweg der Standard für Versionsverwaltungssysteme.
Dieser Ansatz hat viele Vorteile, besonders gegenüber lokalen Versionsverwaltungssystemen. Zum Beispiel weiß jeder mehr oder weniger genau darüber Bescheid, was andere an einem Projekt Beteiligte gerade tun. Administratoren haben die Möglichkeit, detailliert festzulegen, wer was tun kann. Und es ist sehr viel einfacher, ein CVCS zu administrieren als lokale Datenbanken auf jedem einzelnen Anwenderrechner zu verwalten.
Allerdings hat dieser Aufbau auch einige erhebliche Nachteile. Der offensichtlichste Nachteil ist das Risiko eines Systemausfalls bei Ausfall einer einzelnen Komponente, nämlich dann, wenn der zentralisierte Server ausfällt. Wenn dieser Server nur für eine Stunde nicht verfügbar ist, dann kann in dieser einen Stunde niemand in irgendeiner Form mit anderen zusammenarbeiten oder Dateien, an denen gerade gearbeitet wird, versioniert abspeichern. Wenn die auf dem zentralen Server eingesetzte Festplatte beschädigt wird und keine Sicherheitskopien erstellt wurden, dann sind all diese Daten unwiederbringlich verloren – die komplette Historie des Projektes, abgesehen natürlich von dem jeweiligen Zustand, den Mitarbeiter gerade zufällig auf ihrem Rechner noch vorliegen haben. Lokale Versionskontrollsysteme haben natürlich dasselbe Problem: Wenn man die Historie eines Projektes an einer einzigen, zentralen Stelle verwaltet, riskiert man, sie vollständig zu verlieren, wenn irgendetwas an dieser zentralen Stelle ernsthaft schief läuft.
Und an dieser Stelle kommen verteilte Versionsverwaltungssysteme (engl. Distributed Version Control System, DVCS) ins Spiel. In einem DVCS (wie z.B. Git, Mercurial, Bazaar oder Darcs) erhalten Anwender nicht einfach nur den jeweils letzten Zustand des Projektes von einem Server: Sie erhalten stattdessen eine vollständige Kopie des Repositorys. Auf diese Weise kann, wenn ein Server beschädigt wird, jedes beliebige Repository von jedem beliebigen Anwenderrechner zurückkopiert werden und der Server so wiederhergestellt werden. Jede Kopie, ein sogenannter Klon (engl. clone), ist ein vollständiges Backup der gesamten Projektdaten.
Darüber hinaus können derartige Systeme hervorragend mit verschiedenen externen Repositorys, sogenannten Remote-Repositorys, umgehen, sodass man mit verschiedenen Gruppen von Leuten simultan auf verschiedene Art und Weise an einem Projekt zusammenarbeiten kann. Damit ist es möglich, verschiedene Arten von Arbeitsabläufen zu erstellen und anzuwenden, welche mit zentralisierten Systemen nicht möglich wären. Dazu gehören zum Beispiel hierarchische Arbeitsabläufe.